Stimmt, nicht jeder ist ein Sport-Typ! Wenn es um Fragen rund um Stress und Ausgleich geht, gilt: Jeder hat ein Recht auf seinen ganz persönlichen Stress… und damit auch auf seinen ganz persönlichen Ausgleich. Das muss nicht Sport sein.
Viele sind so Genießer-Gemütlichkeits-Typen: Gutes Essen, ein paar Kerzen, Musik, und das kuschelige Sofa – hygge! Und wieder andere ziehen viel Kraft aus geistiger oder kreativer Inspiration: Ein anregendes Buch, vielleicht sogar bei einer Lesung, eine inspirierende Weiterbildung oder eine tolle Kunstausstellung.
Ach, und dann ist es natürlich auch noch so, dass wir alle zum Glück keine in Serie gefertigten Stereotypen sind und klar in eins dieser Typen-Raster fallen. Wir dürfen uns unsere ganz eigene Mischung zusammenstellen und zum Beispiel meistens mit einem guten Buch entspannen, wöchentlich zum Yoga gehen und auch gerne mit Freunden ins Restaurant.
Wer trotzdem schauen möchte, in welche Entspannungsschublade er am ehesten automatisch fällt, kann dem eigenen Entspannungstypen zum Beispiel über einen kurzen (eine Minute) Test auf die Spur kommen, den die AOK auf ihrem interaktiven Gesundheitsmagazin vigo online anbietet.
Und auch darüber wird klar: Nicht jeder ist ein Sport-/ Power-Entspannungstyp.
Aber damit entlasse ich uns geistig-kreativen Genießer-Typen nicht vom stressigen Alltag auf’s Sofa. Ich weiß, ich weiß, Ihr sagt es mir immer wieder: Sport gibt Euch einfach nicht so viel, dass Ihr bereit wärt, dafür auch noch Zeit zu finden.
Nur leider wird es kein Buch der Welt und kein noch so liebevoll, gesund, low-carb und bio zubereitetes Menü schaffen, den Cortisol-Spiegel in unserem Blut, den der Stress des Tages ordentlich hochgefahren hat, wieder zu senken. Der Hippocampus im Gehirn wird leider nicht durch Lesen, Essen oder Theaterbesuche dazu animiert, unsere biochemische Stressreaktion zu stoppen. So kommen wir auch nicht in den entspannungsfördernden Genuss unserer körpereigenen Wohlfühl- und Glückshormone.
Denn unsere Körperreaktionen auf Stress haben sich seit der Steinzeit kaum verändert. Damals waren es die Säbelzahntiger, Bären und Mammuts, die uns in Stress versetzt haben. Unsere körperliche Reaktion darauf hat uns zum Beispiel mit einem erhöhten Herzschlag und Muskeltonus sowie einer Reduktion der Körperfunktionen auf das Wesentliche vor allem zu zwei Aktionen befähigt: Angreifen oder Fliehen. Wir sind gerannt oder haben gekämpft, was das Zeug hielt (zumindest diejenigen unserer Vorfahren, die lange genug überlebt haben, um diese genetische Disposition bis heute an uns weiterzugeben). Und damit haben wir die Stresshormone, die uns in Alarmbereitschaft versetzt haben, wieder abgebaut. Bei erfolgreichem Kampf oder gelungener Flucht hat der Körper dann die belohnenden und entspannenden Endorphine ausgeschüttet und die Cortisol-Produktion wieder gestoppt. Zu Stress und Stressfolgeerkrankungen durch eine Störung dieser Balance von Anspannung und Entspannung kamen unsere Vorfahren in ihrem sehr kurzen Leben wohl eher weniger. Wer nicht angriff oder floh, wurde gefressen.
Wir müssen heute nicht bis auf’s Blut kämpfen oder uns die Lunge aus dem Leib rennen, um unsere Stresshormone wieder in die Balance zu bringen. Jedoch ohne Bewegung wird uns kein Sofa tiefes Wohlbefinden spenden. Wir sind evolutionsbiologisch anders programmiert.
Aber keine Sorge! Nur weil Dir Sport nichts ist, heißt das nicht, dass Du keine ausgleichende Bewegung in Dein Leben bringen kannst.
Mein Tipp:
Überlege Dir die kleinste zeitliche Einheit an Bewegung, die Du Dir selbst abkaufst. Vielleicht kannst Du ab Morgen weiter vom Büro entfernt parken und fünf Minuten zu Fuß laufen. Oder Du kannst mittags zehn Minuten um das Gebäude spazieren. Nimm die Treppen in den dritten Stock oder gehe heute Abend nach dem Essen fünfzehn Minuten spazieren. Ganz egal! Worauf es ankommt, ist die Regelmäßigkeit. Versprich Dir selbst keine halbstündigen Joggingrunden, die Du nicht halten kannst. Versprich Dir lieber den Parkplatz-Trick und sei nach zwei Wochen stolz auf Dich, Dein Versprechen an Dich selbst gehalten zu haben. Du bist dann jemand, der Bewegung fest in sein Leben integriert hat – und wirst deutlich spüren, wie viel genussvoller die Entspannung bei einem guten Essen und einem gemütlichen Abend sein wird.
Probiere es aus, ganz entspannt!
Photo by Banter Snaps on Unsplash