27.7.2024

Netzwerkorientierung | Auszug aus meinem Buch „Stress souverän meistern“

0  comments

Im Buch stelle ich die sieben Resilienzfaktoren jeweils als einzelne Burgen auf einer Wanderung dar. Entsprechend gibt es die Akzeptanz-Burg, die Optimismus-Burg, die Burg der Selbstwirksamkeit, die Burg der Verantwortung, die der Lösungsorientierung, die Burg der Zukunftsorientierung und eben auch die Burg der Netzwerkorientierung. Dort kommen wir auf der Wanderung gerade an.


Auszug aus meinem Buch „Stress souverän meistern. Ein praktischer Reiseführer ins Land der Gelassenheit“, 2022, S. 205-208:

Die fünfte Burg auf unserer Resilienzroute ist eine stinknormale Burg. Alles so, wie man sich das so vorstellt. Keine Herausforderungen, keine Überraschungen. Wir suchen uns einen Platz im Burgcafé, und es entsteht eine Unterhaltung darüber, was uns Menschen guttut und uns Kraft gibt. Ein Wanderer aus unserer Runde interpretiert die Erfahrungen von der Selbstwirksamkeits- und der Verantwortungsburg und verkündet: „So ist es doch! Selbst ist der Mann. Wenn ich’s nicht mache, macht es niemand. Jeder ist auf sich selbst gestellt.“ Eine Wanderin widerspricht: „Wir Menschen sind Herdentiere. Wir sind nur in der Gruppe stark und brauchen einander!“ Wer hat denn nun recht? Lasse uns die Gelegenheit nutzen und beleuchten, was sich hinter der Netzwerkorientierung als Resilienzfaktor verbirgt. Und ob der für jeden von uns gleichermaßen gilt.

Außer Frage steht: „Gute soziale Kontakte sind für uns lebenswichtig. Als eher zurückhaltender Typ brauchen Sie sich nicht plötzlich in einen perfekten Netzwerker zu verwandeln. Doch Sie stärken Ihre Resilienz enorm, wenn Sie […] Ihre sozialen Netzwerke […] in der Familie, unter Freunden und am Arbeitsplatz, in Berufsorganisationen, bei Freizeitaktivitäten und in Vereinen […]“ stärken.

Dabei lohnt es sich zu überlegen, ob du eher introvertiert oder eher extrovertiert orientiert bist. Und bitte verwechsle die Unterscheidung nicht mit der umgangssprachlichen Vereinfachung und Verfälschung in schüchtern oder Partyheldin. Introvertiert schöpfst du viel Kraft aus dir selbst heraus. Du magst und genießt als introvertierte Person Zeit für dich selbst. Als extrovertierter Mensch hingegen spürst du den Wert der Gemeinschaft sehr direkt. Du beziehst deine Kraft aus dem Zusammensein mit anderen. Wie du siehst, sagt diese korrekte Unterscheidung nicht direkt etwas darüber aus, wie viele Freunde du hast oder wie oft du mit anderen unterwegs bist. Introvertiert kannst du sehr viele gute Freundschaften haben. Genauso wie du extrovertiert einen einzigen Menschen einen wirklich guten Freund nennen kannst. Du kannst introvertiert ähnlich wilde Partywochenenden genießen wie als extrovertierter Mensch. Der Unterschied besteht darin, dass du dich extrovertiert am Montag danach kraftvoll und erholt fühlst und eher damit haderst, wie du durch die lange Woche kommen sollst, bis du wieder losziehen kannst, während du als introvertierter Mensch glücklich auf das vergangene Partywochenende zurückblickst und gleichzeitig froh bist, nun Zeit allein zu haben und deine Akkus wieder aufzuladen.

Unabhängig von der Anzahl der Menschen in deinem Netzwerk und der Art des Miteinanders geben uns tragfähige Beziehungen zu unseren Mitmenschen Kraft. Das Wissen um mögliche Unterstützung von Menschen, denen du wichtig bist, macht dich ebenso widerstandsfähiger im Umgang mit Stress wie die Möglichkeit, gemeinsam mit anderen konkrete Lösungen für deine Situation zu suchen.

Es gilt also zu schauen, welches Netzwerk, welche Gemeinschaft dir entspricht. Brauchst du ein paar wenige tiefe und innige Beziehungen? Oder hast du ein Bedürfnis nach einer ganzen Mannschaft bunt gemischter Freunde, mit denen du das Beisammensein genießt? Egal was davon es für dich sein darf – es lohnt sich ein Blick darauf, wo du in deinen Beziehungen gerade stehst. Dafür empfehle ich dir den Selbstcheck von Prof. Dr. Jutta Heller. Für den schnappen wir uns einfach ein Blatt Papier oder notfalls ein paar Bierdeckel und einen Stift.


1. In die Mitte deiner Überlegungen setzt du einen Kreis, der für dich selbst steht. Um dich herum gruppierst du dann Kreise, die für wichtige Personen in deinem Umfeld stehen. Variiere (die Kreisgröße und) die Position der Kreise je nach Wichtigkeit. Verbinde die Kreise (gedanklich) durch Linien mit dem Kreis, der in der Mitte für dich steht.


2. Bewerte die Verbindungen durch Zeichen:

+ + diese Verbindung stärkt dich

+ – diese Verbindung ist neutral

– – diese Verbindung kostet dich Kraft


3. Welche Verbindungen würdest du gern intensivieren? Welche Verbindungen würdest du reduzieren wollen? Und welche neuen Vernetzungen möchtest du aufbauen?


4. Nun überlege, was du konkret tun willst, um deine Beziehungen zu aktivieren oder zu stabilisieren.


Weißt du, was das Gute ist? Du magst das Gefühl haben, dich ewig nicht bei deiner besten Freundin gemeldet zu haben und sie jetzt nicht einfach so anrufen zu können, wenn es dir nicht gut geht. Doch diese Sorge ist unberechtigt – das spürst du sofort, wenn du dir die Situation andersherum vorstellst.

Also, als Souvenir von dieser Burg schnappst du dir den Bierdeckel, auf dem der Name der Person oder Gruppe steht, mit der du direkt diese Woche wieder Kontakt aufnehmen wirst. Rufe sie an! Auch wenn du jetzt denkst, dass du dafür gar keine Zeit hast, mache es trotzdem. Du wirst sehen, wie gut es sich anfühlt, in Verbindung zu sein.


Und hey – wenn Du Fragen hast oder ein anderes Anliegen, dann schreibe mir einfach. Ich freue mich immer, von dir zu hören!

Ich lebe und arbeite im schönen Idstein bei Wiesbaden und Frankfurt im Rhein-Main-Gebiet. Die Technik macht es möglich, dass wir räumliche Distanz im Online-Coaching überbrücken können.


Tags

mentale Fitness, Stressmanagement


Weitere Denkanstöße